Mehr, nicht weniger und vor allem neue Politik ist nötig

In Nordafrika und Arabien haben die meisten genug. Trotz den in Diktaturen immensen Risiken an Leib und Leben sind sie aufgebrochen, verteidigen ihre Würde und kämpfen vehement aber kreativ und gewaltfrei für ihre Freiheit und die Demokratie.

Bei uns haben zwar ganz viele auch genug von all den Katastrophen und Krisen. Doch statt von neuen Aufbrüchen scheint sie eine Art hochgespannte resignative Lethargie erfasst zu haben. Jedenfalls ist kaum neues Engagement für mehr Demokratie und für die Wahrung der Freiheit erkennbar.

Was derzeit weltwirtschaftlich, währungspolitisch, staatsverschuldnerisch und gesamteuropäisch passiert ist nicht anderes als ein enormer Freiheitverlust. Denn Freiheit bedeutet politisch weit mehr als das Auswählen dürfen zwischen einem beschränkten Angebot. Freiheit bedeutet, dass das Leben nicht länger Schicksal ist. Dass wir gemeinsam unsere Lebensgrundlagen bestimmen, gestalten und gewährleisten können. Dafür ist einmal die Demokratie eingerichtet worden.

 

Je grösser das Unrecht, das geschieht, um so mehr scheinen viele zu resignieren und sich indigniert abzuwenden. Sie merken durchaus, wie machtlos die Demokratie geworden ist. Sie reden vom Ende der Politik, ziehen sich zurück und übersehen, dass nur eine andere Politik ihnen die Freiheit zurück geben kann, die sie missen – doch dass diese andere Politik ohne ihr eigenes Engagement keine Chancen haben kann.

 

Ein anderer fast ebenso grosser Teil unter uns fühlt sich mit seinen Aengsten und Sorgen noch mehr allein gelassen. Zur Resignation fehlt ihnen die Gelassenheit. Vielleicht auch nur der Zynismus. Und so wenden sie sich denen zu, die simple Erklärungen und Sündenböcke anbieten: Die anderen, die Fremden, denen es noch dreckiger geht.

 

Helfen kann auch uns nur ein Aufbruch zu neuen transnationalen Horizonten. Der Demokratie kann ihre Macht nur auf der gleichen Ebene zurück gewinnen, wie die Finanzmärkte angesiedelt sind. Nur dort , durch transnationale kontinentale Verfassungen können wir uns jene Kraft und Legitimation verschaffen, die wir brauchen, um Regeln zu definieren, welche alle Akteure zwingen, minimale Grundsätze im Interesse aller zu beachten.

 

Das geht nicht ohne Politik. Das geht nicht ohne die Anderen. Das geht nicht mit den alten nationalen und elitären Handlungsweisen. Dazu braucht es das berühmte neue Denken, neue Horizonte, neue Motivationen und neue Allianzen. Das Unrecht kann nicht überwunden werden, wenn diejenigen , die es erkennen, sich abwenden, und diejenigen, die am meisten darunter leiden, sich reaktionären Falschmünzern andienen. Wir brauchen sie alle um uns gegen jene wenigen durchsetzen zu können, die es anders nicht wollen, weil es ihnen egal ist, wenn die Freiheit zu einem Privileg ganz weniger Privilegierter zu werden droht.